Ultraorthodoxe Juden eilen durch die engen Straßen von Jerusalems Altstadt, ihr Blick ist auf den Boden gerichtet. Bloß nicht ablenken lassen. Möglichst schnell die Sicherheitskontrolle zur Klagemauer passieren. An der einen Hand ziehen die meisten einen kleinen Jungen hinter sich her, in der anderen Hand halten sie eine Plastiktüte umklammert - darin befindet sich die Tora, die heilige Schrift der Juden. Die Ultraorthodoxen in ihren schwarzen Anzügen und Hüten zwängen sich an einer Gruppe Italiener in giftgrünen T-Shirts vorbei, deren Anführer ein hölzernes Kreuz auf dem Rücken trägt - sie stellen den Kreuzweg nach. Musikalisch begleitet wird dieses Szenario von den Rufen des Muezzin. Zeit für's Gebet.
Ich spaziere langsam durch die steinernen Gasse, beobachte die Menschen um mich herum und versuche, möglichst nicht aufzufallen. Ich trage lange Hosen, meine Schultern sind mit einem Schal bedeckt. Wie in den anderen Städten, die ich zuvor besucht habe, liegt auch hier der Geruch unterschiedlicher Gewürze in der Luft. Aber auch noch etwas anderes, was ich in Jerusalem zum ersten Mal während meiner Reise bemerke: Spannung. An jeder Ecke stehen bewaffnete Soldaten, jederzeit bereit, Straßen zu sperren und Auseinandersetzungen sofort zu unterbinden. Die Stimmung innerhalb der Altstadt ist feindselig. Man versucht zwar zumindest, die jeweils Andersgläubigen zu tolerieren, oder zu ignorieren. Das trifft es wahrscheinlich besser. Das ist dann aber auch schon der bestmögliche Zustand.
Aber auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, nicht alles dreht sich in Jerusalem um Religion und Militär. Außerhalb der Altstadt reihen sich Hipster-Cafés und Bars aneinander, der Mahane Yehuda Markt, auf dem tagsüber Lebensmittel verkauft werden, verwandelt sich am Abend in eine Partymeile. Die jungen Leute wollen frei sein, wie in anderen Ländern auch. Über Religion oder über Politik spricht hier kaum jemand.
Ich bin Jana Freiberger, Journalistin, und schreibe auf diesem Blog über meinen Alltag, Reisen und gutes Essen.
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